Das Institut

Donnerstag, 30. Januar 2025

Zwei neue Publikationen des Fritz Bauer Instituts

erschienen im Januar 2025

Alexander Zinn:
Maintöchter. Schwule, Lesben, Trans- und Intersexuelle in Frankfurt am Main 1933–1994

Studien zur Geschichte und Wirkung des Holocaust, Band 12
hrsg. von Sybille Steinbacher im Auftrag des Fritz Bauer Instituts
Göttingen: Wallstein Verlag, 2025
420 S., 6 farb. Abb., Hardcover gebunden, mit Schutzumschlag, € 42,–
EAN 9783835357198
Buchpräsentation am 5. Februar 2025 in Frankfurt am Main

Zwischen Verfolgung, Liberalisierung und Aufbruch: Am Beispiel Frankfurt am Mains wird die Geschichte sexueller Minderheiten im 20. Jahrhundert erzählt.
Nicht ohne Hintersinn werden die Frankfurter Homo, Trans- und Intersexuellen in diesem Buch als »Maintöchter« tituliert, waren sie doch stets Töchter und Söhne dieser Stadt. Töchter und Söhne freilich, die recht stiefmütterlich behandelt wurden. Soziale Ächtung und staatliche Repression prägten ihren Alltag, viele reagierten aber auch mit beachtlichem Eigensinn und Widerstandswillen. Somit erzählt Alexander Zinn am Beispiel Frankfurts die Geschichte sexueller Minderheiten im 20. Jahrhundert: Er beleuchtet die massive Verfolgung homosexueller Männer in der NS-Zeit, die allmähliche Liberalisierung des gesellschaftlichen Klimas in der Nachkriegszeit und der Aufbruch der neuen Lesben- und Schwulenbewegung nach der Strafrechtsreform von 1969. Dabei wird deutlich, dass es trotz staatlicher Repression immer wieder gelang, Freiräume zu erkämpfen. So gab es selbst in der NS-Zeit einschlägige Treffpunkte, seit den 1950er Jahren wurde die Mainmetropole sogar als ein Eldorado der Homo- und Transsexuellenszene wahrgenommen. Die städtischen Behörden reagierten mit Kontrollen und Auflagen, duldeten die subkulturellen Nischen ansonsten aber. Für die »Betroffenen« erwies sich die Situation als ambivalent: Viele genossen die kleinen Freiheiten, nicht wenige zerbrachen aber auch an gesellschaftlicher Ablehnung und Isolation.

Alexander Zinn

geb. 1968, studierte Soziologie, Psychologie und Publizistik an der Freien Universität Berlin und wurde am Max Weber Kolleg der Universität Erfurt im Fach Geschichte promoviert. Zinn forscht zu Alltag, Diskriminierung und Verfolgung sexueller Minderheiten. Für das Dresdner Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung erstellte er eine Studie zur Homosexuellenverfolgung in Sachsen. Darüber hinaus betreibt er die Internetseite www.rosa-winkel.de, die über die nationalsozialistische Homosexuellenverfolgung informiert.
Veröffentlichungen u.a.: Von »Staatsfeinden« zu »Überbleibseln der kapitalistischen Ordnung« (2021); »Aus dem Volkskörper entfernt«? Alltag und Verfolgung homosexueller Männer im »Dritten Reich« (2018); »Das Glück kam immer zu mir«. Rudolf Brazda – Das Überleben eines Homosexuellen im Dritten Reich (2011).
 

Oliver Rathkolb, Bertrand Perz, Sybille Steinbacher (Hrsg.):
Die Porr AG und ihre Tochterunternehmen in der NS-Zeit

Berlin: Metropol Verlag, 2025, 407 S., 60 Abb., € 24,–
EAN 9783863317836
Inhaltsverzeichnis (pdf-Datei)

Die Beiträge des Bandes liefern eine wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung der Geschichte der österreichischen Porr AG unter dem Hitler-Regime in den Jahren 1938 bis 1945. Der Bogen spannt sich von der Zwangsarisierung unmittelbar nach dem »Anschluss« bis zur Bautätigkeit an verschiedenen Großprojekten im In- und Ausland. Wichtiger Forschungsgegenstand ist dabei der Umgang mit den (Zwangs-)Beschäftigten des Unternehmens. Die Entwicklung der Porr AG während der NS-Zeit und in den ersten Nachkriegsjahren kann, bei allen Unterschieden, insgesamt als typisch für eine der großen österreichischen Baufirmen angesehen werden.
Die Veröffentlichung basiert auf einem Forschungsprojekt der Universität Wien in Kooperation mit dem Fritz Bauer Institut, gefördert durch die Porr AG: »Die Porr AG und ihre Tochterunternehmen zur Zeit des Nationalsozialismus«. Bearbeiterin am Fritz Bauer Institut ist Maria Czaputowicz-Głowacka M.A., die mit dem Beitrag »Die Aktivitäten der Porr AG in den polnischen Gebieten unter deutscher Besatzung« in diesem Band vertreten ist.

Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb

ist Professor am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, Vorsitzender des internationalen wissenschaftlichen Beirats des Hauses der Europäischen Geschichte (Europäisches Parlament, Brüssel), Beiratsmitglied des Archivs der Salzburger Festspiele und des Jüdischen Museums Wien; Autor, Herausgeber und Mitherausgeber zahlreicher Publikationen zu Themen der europäischen und österreichischen Zeit-, Kultur- und Mediengeschichte sowie Herausgeber der Fachzeitschrift zeitgeschichte und der Reihe »Zeitgeschichte im Kontext«.

Univ.-Prof. Dr. Bertrand Perz

bis 2023 Professor am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und Mitglied der wissenschaftlichen Beiräte der KZ-Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora sowie Bergen-Belsen; Vorstandsmitglied des Vereins Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes; Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Zeitgeschichte; stellvertretendes Mitglied im Kunstrückgabebeirat der Republik. Forschungsfelder: Nationalsozialismus, Konzentrationslager, Zwangsarbeit, Holocaust, Verkehrsgeschichte.

Prof. Dr. Sybille Steinbacher

ist seit 2017 Direktorin des Fritz Bauer Instituts und Inhaberin des Lehrstuhls zur Erforschung der Geschichte und Wirkung des Holocaust an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Von 2010 bis 2017 war sie Universitätsprofessorin für Zeitgeschichte/Vergleichende Diktatur-, Gewalt- und Genozidforschung an der Universität Wien. Sie ist Vorsitzende des Wissenschaftlichen Kuratoriums der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora und Autorin, Herausgeberin und Mitherausgeberin zahlreicher Veröffentlichungen zur Geschichte und Nachgeschichte des Nationalsozialismus.

Alexander Zinn: Maintöchter. Schwule, Lesben, Trans- und Intersexuelle in Frankfurt am Main 1933–1994

Oliver Rathkolb, Bertrand Perz, Sybille Steinbacher (Hrsg.): Die Porr AG und ihre Tochterunternehmen in der NS-Zeit


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