Das Institut

Freitag, 16. Dezember 2016

Sybille Steinbacher
übernimmt bundesweit erste Holocaust-Professur in Frankfurt am Main

Das Land Hessen ermöglicht die Kooperationsprofessur von Goethe-Universität und Fritz Bauer Institut
– der neue Lehrstuhl ist zugleich mit der Leitung des Instituts verbunden.

Nach Abschluss der Sitzung des Stiftungsrats des Fritz Bauer Instituts am 16. Dezember 2016 hat der hessische Wissenschaftsminister Boris Rhein bekannt gegeben, dass die Historikerin Prof. Dr. Sybille Steinbacher die bundesweit erste Holocaust-Professur an der Frankfurter Universität übernimmt. Eine international besetzte Berufungskommission hatte die renommierte Wissenschaftlerin empfohlen, Senat und Präsidium der Goethe-Universität haben entschieden und berufen. Bereits im Juli 2015 wurde die Finanzierungvereinbarung mit der Goethe-Universität und dem Fritz Bauer Institut für die Einrichtung einer Professur zur Erforschung der Geschichte und Wirkung des Holocaust unterzeichnet. Seitdem lief das ordentliche Berufungsverfahren für die Besetzung der neuen W3-Professorenstelle. Der Stiftungsrat des Fritz Bauer Instituts hat am heutigen Tag die Berufung zustimmend zur Kenntnis genommen. Das Land Hessen unterstützt die Professur mit zusätzlichen 150.000 Euro jährlich.
Wissenschaftsminister Boris Rhein: »Wir freuen uns sehr, dass diese bedeutende Professur nun mit einer besonders ausgewiesenen Expertin besetzt werden kann. Das ist ein Meilenstein auf dem Weg hin zu einem besseren Verständnis der nationalsozialistischen Verbrechen und deren Wirkungsgeschichte bis in die Gegenwart hinein. Diese gemeinsame Berufung von Goethe-Universität und Fritz Bauer Institut wird auch die Integration von universitärer und Instituts-Forschung weiter fördern.«
Die Historikerin, die derzeit noch das Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien leitet, übernimmt die Professur und die Direktion des Fritz Bauer Instituts zum 1. Mai 2017. Steinbacher ist eine renommierte Expertin auf dem Gebiet der Holocaust-Forschung und kann einschlägige Forschungsarbeiten dazu vorweisen. Bei der Professur, die im Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaften an der Goethe-Universität angesiedelt sein wird, handelt es sich um eine Kooperationsprofessur mit dem Fritz Bauer Institut, die vom Land Hessen finanziell ermöglicht wird.
Prof. Dr. Birgitta Wolff, Universitätspräsidentin der Goethe-Universität: »Die Goethe-Universität fühlt sich nicht zuletzt durch ihre eigene wechselvolle Geschichte der intellektuellen Aufarbeitung des Holocaust besonders verpflichtet. Sybille Steinbacher wird sich diesem Thema mit unserer vollen Unterstützung widmen. Sie wird auch als Kollegin sehr gut zu uns passen.«
Der neue Lehrstuhl ist zugleich mit der Leitung des Fritz Bauer Instituts verbunden, das die Landesregierung auch weiterhin mit einer Förderung in 2017 in Höhe von 375.100 Euro unterstützt. Damit stehen für Holocaust-Professur und Institut künftig insgesamt über 500.000 Euro aus Landesmitteln zur Verfügung. Dazu kommen die institutionelle Förderung des Fritz Bauer Instituts durch die Stadt Frankfurt am Main und die Unterstützung durch den Förderverein Fritz Bauer Institut e.V.
»Die Verknüpfung der neuen Holocaust-Professur mit der Leitung des Fritz Bauer Instituts ist eine einmalige Gelegenheit die wir nutzen, um der wissenschaftlichen Aufarbeitung einen möglichst großen Schub zu geben. Das Fritz Bauer Institut ist eine Bildungs- und Forschungsstätte von höchstem internationalem Rang, dessen Bedeutung sich weit über die Grenzen von Hessen hinaus entfaltet. Vor allem die Auseinandersetzung mit den ethischen und moralischen Rechtfertigungsstrukturen des Holocaust bis in die Gegenwart macht die Forschung so einmalig und bedeutsam«, erklärte Wissenschaftsminister Boris Rhein.
Jutta Ebeling, Stiftungsratsvorsitzende des Fritz Bauer Instituts: »Mit Sybille Steinbacher hat die Universität gemeinsam mit dem Fritz Bauer Institut eine international anerkannte Wissenschaftlerin berufen, die die wissenschaftliche Erforschung der nationalsozialistischen Verbrechen mit einer großen Sensibilität für die Bedeutung des Themas in der Gegenwart verbindet. Wir freuen uns, Sybille Steinbacher bald in Frankfurt am Main begrüßen zu dürfen.«
Bereits in ihrer als Buch erschienenen Magisterarbeit an der LMU München hat sich Sybille Steinbacher mit der Massenvernichtung im NS-Staat beschäftigt: Dachau: Die Stadt und das Konzentrationslager in der NS-Zeit (Frankfurt am Main: Peter Lang, 1994) lautete der Titel. Die innovative Perspektive hat sie in ihrer an der Ruhr-Universität Bochum vorgelegten Dissertation weiterentwickelt: »Musterstadt« Auschwitz. Germanisierungspolitik und Judenmord in Ostoberschlesien (München: K. G. Saur Verlag, 2000). Ihr international viel beachtetes Buch Auschwitz. Geschichte und Nachgeschichte (München: C.H.Beck Verlag, 2004) wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Ein zweites Arbeitsgebiet Steinbachers ist die Gesellschaftsgeschichte der frühen Bundesrepublik. Aus der 2010 eingereichten Habilitationsschrift an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ging die Monographie Wie der Sex nach Deutschland kam. Der Kampf um Sittlichkeit und Anstand in der frühen Bundesrepublik (München: Siedler Verlag, 2011) hervor.
Sybille Steinbacher kann zahlreiche Auslandsaufenthalte vorweisen: Sie war unter anderem Stipendiatin am Deutschen Historischen Institut in Warschau, an der Harvard University sowie Fellow am United States Holocaust Memorial Museum. Im Sommersemester 2010 hatte sie bereits die Gastprofessur des Fritz Bauer Instituts zur interdisziplinären Holocaustforschung an der Goethe-Universität Frankfurt inne. Seit 2010 ist Sybille Steinbacher Universitätsprofessorin für Zeitgeschichte/Vergleichende Diktatur-, Gewalt- und Genozidforschung an der Universität Wien. Seit 2014 ist Steinbacher Korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Quelle
Pressemitteilung der Goethe-Universität Frankfurt
Freitag, 16. Dezember 2016

Foto
Prof. Dr. Sybille Steinbacher, © privat

Kontakt
Fritz Bauer Institut
Norbert-Wollheim-Platz 1
60323 Frankfurt am Main
Tel.: 069.798 322-40
Fax: 069.798 322-41
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