Zum 13. Mal wurde in diesem Jahr das Robert-Goldmann-Stipendium der Stadt Reinheim verliehen. In Anerkennung seiner Forschungsarbeit bekam das an der Goethe-Universität Frankfurt beheimatete Fritz Bauer Institut den Preis zuerkannt. Damit wurde erstmals eine Institution mit dem jährlich vergebenen und mit € 5.000,– dotierten Stipendium ausgezeichnet.
Im Juni 1999 hatte die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Reinheim den Beschluss gefasst, das Robert-Goldmann-Stipendium auszuloben, um damit Leben und Wirken Robert Goldmanns zu würdigen, der sich stets für den Ausgleich zwischen Deutschen und Juden, gegen Antisemitismus und für Menschenrechte engagiert hat und dies bis heute tut.
Zur Übergabe des Stipendiums war Robert Goldmann aus New York angereist, um dem Direktor des Fritz Bauer Instituts, Prof. Dr. Raphael Gross, persönlich zu gratulieren. Die Verleihungsfeier fand am 22. Mai in der neuen Aula der Dr.-Kurt-Schumacher-Schule statt. Sie wurde von Bürgermeister Karl Hartmann moderiert. Grüße der städtischen Gremien überbrachte Stadtverordnetenvorsteher Harald Heiligenthal, Schulleiter Gerhard Cwielong schloss sich mit seinem Grußwort an. Den musikalischen Rahmen besorgten der Schulchor und die Lehrer-Band der Dr.-Kurt-Schumacher-Schule Reinheim.
In seiner Dankesrede berichtete Prof. Dr. Raphael Gross über die Entstehungsgeschichte der Verbindung des Namensgebers des Stzipendiums zum Institut und gab einen Ausblick auf die geplante Verwendung des Preisgeldes für ein neues Forschungsvorhaben:
»Das Fritz Bauer Institut hat 2002 die Ausstellung Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933–1945 vorbereitet. Ein Ausstellungsprojekt, welches aus einem größeren Forschungsprojekt zur Enteignung der jüdischen Bevölkerung im Nationalsozialismus hervorging. Damals entstand ein persönlicher Kontakt zu Robert Goldmann. Er stand für Gespräche zur Verfügung, gab dem Hessischen Rundfunk, der zum Thema der Ausstellung einen Dokumentarfilm drehte, ein längeres Interview und stellte der Ausstellung einige Exponate aus der ärztlichen Praxiseinrichtung seines Vaters zur Verfügung, die dieser bei der Flucht über England nach Amerika hatte retten können. Über diese Leihgaben waren wir besonders froh, da es bei einer Ausstellung zum Thema Raub und Enteignung natürlich per se sehr schwierig ist, aussagekräftige Gegenstände zu finden. Die Geschichte der Familie Goldmann ist seit nunmehr zehn Jahren ein wichtiger Teil der Wanderausstellung. Tafeln zur Familiengeschichte, das Fernsehinterview und die Vitrine, die die Geschichte der Enteignung der Familie erzählt, wurden auf fast allen der mittlerweile 17 Ausstellungsstationen gezeigt. Insofern ist die Verbindung des Fritz Bauer Instituts mit Herrn Goldmann eine längere Geschichte und umso mehr freuen wir uns über diesen Preis.«
[…]
»Die Rolle, die ehemalige NS-Verfolgte in späteren Prozessen als Zeugen spielten, ist bis heute niemals systematisch untersucht worden. Jeder von ihnen verband mit der Rolle als Zeuge verschiedene Hoffnungen. Auf Bestrafung, auf Gerechtigkeit, auf den Sieg des Kommunismus, auf die Bekämpfung des Faschismus, des Nazismus oder natürlich auch der Aufklärung darüber, was in den Lagern an unendlichem Leid Menschen Menschen angetan hatten. Und dass dies niemals wieder geschehen sollte.
Mit dem Goldmann-Stipendium wird das Institut ein Forschungsprojekt beginnen zu den Zeugen in den Prozessen gegen NS-Verbrecher in der Nachkriegszeit. Ich bin froh, dass sich mit Dr. des. Katharina Stengel eine hervorragende Wissenschaftlerin gefunden hat, die sich diesem zentralen Thema der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus annehmen wird. Mit ihrer fundierten und kürzlich an der Universität Bochum eingereichten Dissertation über den Auschwitz-Überlebenden, Historiker, Publizisten und Zeugen im Frankfurter Auschwitz-Prozess, Hermann Langbein, hat sie eine wichtige Arbeit vorgelegt, die sie zu diesem neuen Projekt prädestiniert.«
[…]
»So viel ich von der Biographie Robert Goldmanns bisher erfahren durfte – und sein autobiographisches Buch in der von Walter Pehle betreuten Schwarzen Reihe sagt ja sehr viel – gehörte er zu denjenigen, die als Jugendlicher durch die Katastrophe vor der Katstrophe quasi noch rechtzeitig ins Exil gelangten. Trotzdem hat er genug an Nazismus und an Gleichgültigkeit, selbst seiner Klassenkameraden auf dem Schulhof in Frankfurt, erleben müssen, dass es verständlich gewesen wäre oder vielleicht sogar zu erwarten, dass er die Verbindungen zu Deutschland und seiner Geburtsstadt Reinheim für immer beendet hätte.
Dass er dennoch sich auf Deutschland wieder einließ, das verbindet ihn mit jemandem wie Fritz Bauer, der zurückkam und sich hier engagierte. Das Institut hofft, in diesem Sinne sich weiter mit der schwierigen Geschichte Deutschlands auseinanderzusetzen. Wir danken Herrn Goldmann und der Stadt Reinheim für ihre großzügige Unterstützung unserer Arbeit.«
Robert B. Goldmann wurde am 1. Mai 1921 als Sohn eines Landarztes jüdischen Glaubens in Reinheim im Odenwald geboren. Ab 1934 lebte die Familie in Frankfurt am Main. 1939 legte Robert Goldmann seine Abiturprüfung am Frankfurter Jüdischen Gymnasium »Philanthropin« ab. Kurz darauf emigrierte seine Familie über Großbritannien in die U.S.A., wo sie sich 1940 in New York niederließ. Goldmann studierte unter anderem an der Columbia-Universität in New York. Er arbeitete mehrere Jahre als Journalist für den Rundfunksender »Voice of America«, war Sprecher des von John F. Kennedy aufgelegten Lateinamerikaprogramms »Vision« und ab 1968 Mitarbeiter der »Ford Foundation«. Dabei widmete er sich insbesondere sozial- und entwicklungspolitischen Aufgaben in der Dritten Welt und wurde ein anerkannter Wegbereiter der deutsch-jüdischen Verständigung. Goldmann war für das »American Jewish Committee« tätig und trat 1980 in den Dienst der »Anti-Defamation League«, deren Europa-Büro in Paris er mehrere Jahre leitete. 1996 veröffentlichte er im Fischer Taschenbuch Verlag seine viel beachtete Lebens- und Familiengeschichte: Flucht in die Welt. Ein Lebensweg nach New York. Noch im Alter von 91 Jahren publiziert Goldmann regelmäßig in amerikanischen und deutschen Medien, wie der International Herald Tribune, dem Deutschlandradio Kultur, dem Rheinischen Merkur und in der Kolumne »Fremde Federn« der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. 1996 wurde Goldmann mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet, 1998 erhielt er die Ehrenbürgerwürde der Stadt Reinheim. Am Vorabend der Vergabe des nach ihm benannten Stipendiums wurde Robert Goldmann in Frankfurt am Main der SSG-Medienpreis der Steuben-Schurz-Gesellschaft e.V., in Anerkennung seines publizistischen Wirkens für die deutsch-amerikanische Verständigung, verliehen.
Abb.: Der Reinheimer Ehrenbürger Robert Goldmann (links) im Gespräch mit Raphael Gross.
Foto: Karl-Heinz Bärtl
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