Das Institut

Montag, 2. Juli, 10:00 Uhr bis Dienstag, 3. Juli 2018, 15:00 Uhr

Fritz Bauer und die 68er
Verbindendes und Trennendes

Tagung aus Anlass des 50. Todestages von Fritz Bauer

Goethe-Universität Frankfurt am Main
Campus Westend
Nina-Rubinstein-Weg 1
Casino, Raum 823

In seinen Schriften und seiner juristischen Arbeit hat sich Fritz Bauer mit vielen Themen beschäftigt, die auch in der Studentenbewegung von 1968 eine große Rolle spielten. Ähnlich wie manche Sprecher der Studenten sah auch Bauer die dringendste Aufgabe der politischen Arbeit darin, zu einer Humanisierung und Demokratisierung der Gesellschaft beizutragen, damit Deutschland die Gewaltstrukturen der NS-Zeit hinter sich lassen könne. Doch gehörte der 1903 geborene Bauer der Väter-Generation der protestierenden Studenten an. Nicht nur trennten ihn andere Vorbilder von ihnen, sondern auch andere Umgangsformen und schließlich auch andere Vorstellungen, was mit politischer Einmischung zu erreichen sein sollte.

Ausgehend von den Schriften Fritz Bauers, die aus Anlass seines 50. Todestags 2018 in einer umfassenden Edition des Fritz Bauer Instituts erstmals kompiliert erscheinen werden, geht die Tagung der Frage nach, in welcher Weise die von Bauer thematisierten Rechtsbereiche und -probleme im Rahmen einer allgemeinen Reformdynamik zu sehen sind. Traf er mit seinen Schriften den Nerv der Zeit, half er, einen Reformbedarf in Justiz, Justizvollzug und Strafrecht zu definieren und einen Veränderungsprozess in Gang zu setzen? Inwieweit wiesen seine Themen Schnittstellen mit den Protagonisten der Studentenbewegung auf? Die Tagung möchte das Denken Fritz Bauers in den politisch-gesellschaftlichen Kontext setzen und den Fokus auf die Zeitumstände richten. Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Debatten soll seine Rolle für die Reform und Liberalisierung der Justiz ausgelotet und seine Nähe beziehungsweise Distanz zu den Ideen der Studentenbewegung bestimmt werden. In diesem Zusammenhang wird auch nach der Bedeutung der Studentenbewegung für die Reformen in Justiz, Justizvollzug und Strafrecht zu fragen sein.

Die 1960er Jahre waren die fruchtbarsten in Bauers juristischem und politischem Schaffen. Nachdem in den Anfangsjahren der Bundesrepublik die Verbrechen des Nationalsozialismus angesichts einer umfassenden ökonomischen und sozialen Aufbruchsstimmung kaum Gehör erhalten hatten, fanden nun etliche Verfahren wegen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen statt, und auch die historische Forschung kam in Fahrt. Die Tagung, die interdisziplinär angelegt ist und Historiker, Juristen und Erziehungswissenschaftler zusammenbringt, beschäftigt sich auch mit der Rezeption von Bauers Denken und fragt danach, warum die Würdigung seiner Leistung und seiner Werke erst in den 1990er Jahren begann.

Mit freundlicher Unterstützung der Holger Koppe-Stiftung

Montag, 2. Juli, 10.00–10.30 Uhr
Grußworte
› Prof. Dr. Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität
› Jutta Ebeling, Vorsitzende des Fördervereins Fritz Bauer Institut e.V.
10.30–12.30 Uhr

I. Konfrontation mit den NS-Verbrechen
Moderation: Sybille Steinbacher (Frankfurt am Main)
› Boris Burghardt (Berlin): Strafverfahren als Mittel der Volkspädagogik?
Fritz Bauers Vorstellungen von der Funktion der NS-Prozesse
› Annette Weinke (Jena): Eine andere Form der politischen Justiz?
NS-Prozesse, Braunbuch-Kampagnen und die Moralpolitik der 68er
14.00–16.00 Uhr

II. Demokratisierung durch Recht
Moderation: Jörg Osterloh (Frankfurt am Main)
› David Johst (Halle/Berlin): Ungehorsam als politische Tugend?
Widerstand im Denken Fritz Bauers
› Jörg Requate (Kassel): Demokratisierung der Justiz – Demokratisierung durch Justiz? Rechtsdenken, Justiz und Gesellschaft in den 1960er Jahren
16.30–18.30 Uhr

III. Strafrecht und Gesellschaft
Moderation: Katharina Rauschenberger (Frankfurt am Main)
› Kirstin Drenkhahn (Berlin): Fritz Bauers Argumentation zur Strafrechtsreform.
Überlegungen im Lichte der Punishment & Society-Forschung
› Sascha Ziemann (Frankfurt am Main): Strafrecht für die neue Gesellschaft.
Fritz Bauer und die Strafrechtsreform

Dienstag, 3. Juli, 10.00–12.00 Uhr
IV. Auseinandersetzung mit Autoritäten

Moderation: Tobias Freimüller (Frankfurt am Main)
› Gottfried Kößler (Frankfurt am Main): Widerstand als moralische Orientierung.
Fritz Bauer und die historisch-politische Bildung
› Christiane Thompson (Frankfurt am Main): Rebellion gegen Autoritäten?
Zur Autonomie in der »Erziehung nach Auschwitz«

12.30–14.30 Uhr
V. Sexualstrafrechtsreform und Sittlichkeitspostulat

Moderation: Stefanie Fischer (Frankfurt am Main / Potsdam)
› Werner Renz (Frankfurt am Main): Wider die Kriminalisierung von Sexualität.
Fritz Bauers Kritik des repressiven Sexualstrafrechts
› Michael Schwartz (Berlin): Sexualstrafrecht und Sittlichkeit.
Gesellschaftliche Kontroversen und Reformdebatten der 1950er und 1960er Jahre

14.30–15.00 Uhr
Tagungskommentar

› Michael Stolleis (Frankfurt am Main)

Tagungsprogramm
› Fritz Bauer und die 68er. Verbindendes und Trennendes (pdf-Datei)

Kontakt
Fritz Bauer Institut
Dr. Katharina Rauschenberger
Norbert-Wollheim-Platz 1
60323 Frankfurt am Main
Tel.: 069.798 322-26
info(at)fritz-bauer-institut.de


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