Förderung: Promotionsstipendium der Stiftung Ökohaus Frankfurt
Trotz der zentralen Bedeutung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau als Tatort des nationalsozialistischen Völkermords an Sinti und Roma ist die Erforschung der juristischen Auseinandersetzung mit diesen Verbrechen bisher marginal geblieben. Besonders die vertiefte Untersuchung einzelner Verfahren zu den Verbrechen an Sinti und Roma in Auschwitz-Birkenau stellt ein Forschungsdesiderat dar.
Im Mittelpunkt des Promotionsprojekts steht der Prozess gegen den ehemaligen SS-Mann Ernst August König, der von 1987 bis 1991 vor dem Landgericht Siegen verhandelt wurde. Es war das erste Verfahren, das ausschließlich den Mord an Sinti und Roma zum Gegenstand hatte. Bereits während der Ermittlungen zum ersten Auschwitz-Prozess in Frankfurt am Main (1963–1965) wurde zwar belastendes Material gegen König gesammelt, die Spur jedoch später nicht weiterverfolgt. Erst durch die Initiative des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma kam es in den 1980er Jahren zu einem Verfahren, das maßgeblich von den Bemühungen der Überlebenden und ihrer Angehörigen getragen wurde. König wurde schließlich zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, der in Prozessen wegen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen selten verhängten Höchststrafe.
Ziel der Untersuchung ist es, die Bedeutung des König-Prozesses und dessen Rolle im Kontext der juristischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit nationalsozialistischen Verbrechen an Sinti und Roma herauszuarbeiten. Eine mikrohistorische Analyse des Verfahrens ermöglicht es, bisher wenig beachtete Aspekte, wie die Rolle der Prozessbeteiligten, der Zuschauer sowie der Öffentlichkeit zu untersuchen. Zudem werden Verfahren berücksichtigt, die in Verbindung mit dem König-Prozess standen oder durch diesen erst initiiert wurden.