Der alliierte Luftkrieg gegen das Deutsche Reich verschärfte ab 1943 die Raumprobleme der SS‑Hauptämter. Die Führung der SS reagierte darauf mit verstärktem Luftschutz sowie mit Verlagerungen ihrer Behörden aus der Reichshauptstadt in weniger gefährdete Gebiete im Gau Mark Brandenburg. Ab 1944 trieb die SS auch die Verlagerung des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) voran. Dafür wurden mehrere Außenlager des KZ Sachsenhausen und des Ghettos Theresienstadt eingerichtet. Im März 1944 stellte die SS in Theresienstadt ein Arbeitskommando zusammen und verschleppte insgesamt 378 jüdische Häftlinge in die 60 Kilometer östlich von Berlin gelegene Gemeinde Wulkow. Dort mussten sie unter anderem für das Amt IV des RSHA eine große Ausweichdienststelle bauen. Die Häftlinge kamen dabei in Kontakt mit Mitarbeitern der SS-Hauptämter, darunter hochrangige NS-Funktionäre. Auch mit der Zivilbevölkerung der betroffenen Ortschaften gab es Berührungspunkte.
Die Verlagerung von SS-Dienststellen aus der Reichshauptstadt während der letzten Kriegsphase stellt ein Forschungsdesiderat dar. Ziel des Promotionsvorhabens ist es, eine multiperspektivische Geschichte der SS-Ausweichdienststellen und der damit im Zusammenhang stehenden Zwangslager zu schreiben. Im Mittelpunkt steht das Aufeinandertreffen von Verfolgten, SS-Leuten und der Zivilbevölkerung. Welche Konsequenzen hatte dies für die Häftlinge? Wie kam die ländliche Bevölkerung mit der SS aus? Wie machten sich das nahende Kriegsende und die Nähe zu Berlin bemerkbar?