Vortragsreihe »Grenzen, Flucht, Menschenrecht – Historische, psychoanalytische und sozialtheoretische Aspekte der Flüchtlingsdiskussion«
Die in die Europäische Union flüchtenden Menschen aus Syrien, Afghanistan und anderen Regionen stellen die einzelnen Länder vor eine schwierige Situation. Wie soll das politische Handeln aussehen, wenn es einerseits um die Sicherung der Grundrechte, andererseits um die Zunahme von Ängsten und politische Verschiebungen geht? Aus historischer, psychoanalytischer und politikwissenschaftlicher Perspektive soll die aktuelle Debatte um das Asyl für Flüchtlinge diskutiert werden.
Weitere Vorträge der Reihe:
› 10. Mai 2016, PD Dr. Susanne Heim, Berlin:
Die Judenverfolgung in Deutschland 1938 und die internationale Flüchtlingskonferenz von Evian
› 21. Juni 2016, Prof. Dr. Marianne Leuzinger-Bohleber, Frankfurt am Main:
Psychoanalytische Überlegungen zum Projekt Step-by-Step in der Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Darmstadt
Bis Ende der 1990er Jahre war die Asyl-, Migrations- und Grenzpolitik noch eine nationale Angelegenheit in Europa. Der sogenannte »Asylkompromiss« der BRD war eine der letzten großen nationalen Verfassungsänderungen auf diesem Gebiet. Doch mit der Abschaffung der Binnengrenzkontrollen durch das Schengener Übereinkommen standen die Regierungen vor der Aufgabe, den Schutz der gemeinsamen Außengrenzen und die Regelungen über Migration zu europäisieren. Die neuen Zuständigkeiten wurden 1999 im Vertrag von Amsterdam festgelegt. Der Implementationsprozess verlief allerdings schleppend: Einigungen kamen nur auf der Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners zustande, Scheinlösungen wurden umgesetzt – fehlende europäische Solidarität war das Kennzeichen dieser Epoche. Zum wesentlichen Bestandteil der europäischen Migrationspolitik entwickelten sich zwei Ringe der Externalisierung, welche Europas Grenzen vor allem sichern sollten: einerseits die südlichen und östlichen Mitgliedsstaaten, andererseits die nordafrikanischen und osteuropäischen Anrainerstaaten. Mit der Externalisierung gelang es, menschenrechtswidrige postkoloniale Grenzpolitiken in ein Außerhalb europäischer Aufmerksamkeit zu verbannen. Nur ab und an irritierten die Toten im Mittelmeer oder in den elektronischen Grenzzäunen der spanischen Exklave Ceuta die europäische Normalität. Im Sommer der Migration 2015 brach dieses äußerst instabile Kartenhaus zusammen und die Widersprüche der Migrationspolitik wurden offensichtlich. Es ist nicht einmal mehr ausgeschlossen, dass die Europäische Integration an dieser Frage scheitern wird. Vor diesem Hintergrund finden massive Kämpfe um die Reorganisation des Grenzregimes statt, deren Ausgang mehr als ungewiss ist. Der Vortrag will die verschiedenen Stationen dieser Auseinandersetzungen beleuchten.
Sonja Buckel ist Professorin für Politische Theorie an der Universität Kassel und assoziierte Wissenschaftlerin des Instituts für Sozialforschung. Sie ist Mitherausgeberin der Zeitschrift Kritische Justiz. Veröffentlichungen zum Thema u. a.: »Welcome to Europe« – Die Grenzen des europäischen Migrationsrechts, Bielefeld: transcript 2013; Forschungsgruppe »Staatsprojekt Europa« (Hrsg.), Kämpfe um Migrationspolitik. Theorie, Methode und Analysen kritischer Europaforschung, Bielefeld: transcript 2014; Forschungsgruppe »Staatsprojekt Europa« (Hrsg.), Die EU in der Krise – Zwischen autoritärem Etatismus und europäischem Frühling, Münster: Westfälisches Dampfboot, 2012.
Eine Kooperation des Fritz Bauer Instituts mit dem Institut für Sozialforschung an der Goethe-Universität Frankfurt und dem Sigmund-Freud-Institut – Forschungsinstitut für Psychoanalyse und ihre Anwendungen, Frankfurt am Main.
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