Gemeinsame Veranstaltung des Fritz Bauer Instituts mit der Evangelischen Akademie Frankfurt.
Der ursprünglich an dieser Stelle geplante Vortrag von PD Dr. Annette Weinke entfällt.
Für das Jahr 1945 sprechen Rechtshistoriker vom Stillstand der Rechtspflege: NS-Partei- und Sondergerichte waren abgeschafft, die ordentlichen Gerichte von den Alliierten geschlossen worden. Doch schon im Sommer 1945 wurden erste Amts- und Landgerichte wiedereröffnet. Die Justizverwaltung sah sich mannigfaltigen Schwierigkeiten gegenübergestellt: Akten waren vernichtet, Gerichtsgebäude zerbombt oder anderweitig genutzt, Rechtsgrundlagen unklar. Das größte Problem stellte das Justizpersonal dar, da viele Juristen entweder durch ihre Tätigkeit für NS-Gerichte oder ihre politische Belastung vollständig kompromittiert waren.
Neben der überbordenden Nachkriegskriminalität waren die Gerichte auch mit der Ahndung der NS-Verbrechen konfrontiert. Während alliierte Instanzen wie das Internationale Militärtribunal in Nürnberg oder die amerikanischen, britischen, französischen und sowjetischen Militärgerichte bis heute ein Begriff sind, sind die deutschen Prozesse gegen NS-Täter kaum bekannt. Und doch gab es eine Vielzahl von Verfahren, die sich mit den Verbrechen an politischen Gegnern, mit den Novemberpogromen, mit der sogenannten »Euthanasie« oder den Konzentrations- und Vernichtungslagern befassten.
Edith Raim, geb. 1965, Studium der Geschichte und Germanistik in München und Princeton, USA (1984–1990), Promotion 1991 in München zu den Dachauer KZ-Außenlagern Kaufering und Mühldorf, Habilitation in Augsburg 2012 mit der Arbeit »Justiz zwischen Diktatur und Demokratie. Wiederaufbau und Ahndung von NS-Verbrechen in Westdeutschland 1945–1949«. Sie ist derzeit Lehrbeauftragte für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Augsburg und von Oktober 2016 bis März 2017 Senior Fellow des Vienna Wiesenthal Institute.
Jüngste Publikationen: Nazi Crimes Against Jews And German Post-War Justice. The West German Judicial System During Allied Occupation (1945–1949), Berlin, Munich, Boston 2015, sowie Don't Take Your Guns To Town. Johnny Cash und die Amerikaner in Landsberg 1951–1954, München 2015.
Kontakt
Fritz Bauer Institut
Dorothee Becker (Sekretariat)
Norbert-Wollheim-Platz 1
60323 Frankfurt am Main
Tel.: 069.798 322-40
Fax: 069.798 322-41
info(at)fritz-bauer-institut.de