Die Zahl der 360.000 »tschechoslowakischen Bürger«, der »Patrioten«, die ihr Leben im nationalen Befreiungskampf gelassen hätten, wird seit den 1950er Jahren regelmäßig bedient. Sie ist ein Ausdruck jener nationalistischen Sichtweise, in welcher die jüdischen Opfer des Holocaust (als Tschechen) einverleibt werden und der Holocaust (als deutsch-jüdisches Thema) aus der tschechischen Nationalgeschichte externalisiert wird. Der tschechische Exil-Historiker Erich Kulka kritisierte sie als »Arisierung der toten Juden«.
Diese beiden kennzeichnenden Aspekte der tschechischen Erinnerungskultur und ihre Kontinuitäten von der unmittelbaren Nachkriegszeit bis in die Gegenwart sollen im Vortrag nicht nur anhand von Opferstatistiken analysiert, sondern auch anhand der Musealisierung der Vergangenheit anschaulich gemacht werden, allen voran anhand der Darstellung von Zweitem Weltkrieg und Holocaust in Theresienstadt, dem Erinnerungsort des jüdischen und tschechischen Leidens.
Dr. Peter Hallama ist derzeit an der Ecole des hautes études en sciences sociales (EHESS) in Paris tätig. Sein aktuelles Projekt trägt den Titel »Sozialistische Vaterschaft. Revolutionäre Zukunftsvorstellungen und familiärer Alltag in Ostmitteleuropa«. 2015 erschien bei Vandenhoeck & Ruprecht seine Dissertation Nationale Helden und jüdische Opfer. Tschechische Repräsentationen des Holocaust.
Kontakt
Fritz Bauer Institut
Dorothee Becker (Sekretariat)
Norbert-Wollheim-Platz 1
60323 Frankfurt am Main
Tel.: 069.798 322-40
Fax: 069.798 322-41
info(at)fritz-bauer-institut.de