The Institute

Wednesday, 4. February 2015

Aus »Grüneburgplatz« wird »Norbert-Wollheim-Platz«

Neue Adresse

Mit einer Feierstunde am Mittwoch, 4. Februar 2015, wurde einem Anliegen entsprochen, das im Namen zahlreicher Überlebender des Konzentrationslagers Buna/Monowitz vom Fritz Bauer Institut über viele Jahre mit Nachdruck vertreten wurde: die Umbenennung des vor dem IG Farben-Haus gelegenen Grüneburgplatzes in Norbert-Wollheim-Platz.

Straßen und Plätze auf dem Campus Westend tragen neue Namen
Mit dem Norbert-Wollheim-Platz, dem Theodor-W.-Adorno-Platz und der Max-Horkheimer-Straße hat der Campus Westend drei neue Ortsbezeichnungen erhalten. Universitätspräsidentin Prof. Dr. Birgitta Wolff enthüllte im Rahmen einer Feierstunde gemeinsam mit Frankfurts Bürgermeister Olaf Cunitz, und dem Ortsvorsteher des Ortsbeirates 2, Axel Kaufmann die neuen Straßenschilder. Kurze Ansprachen hielten auch AStA-Vorsitzende Myrella Dorn und Alisa Siegrist, Vertreterin der Initiative zur Umbenennung des Grüneburgplatzes in Norbert-Wollheim-Platz, sowie Trude Simonsohn, Überlebende des Konzentrationslagers Theresienstadt und des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau.
Der Norbert-Wollheim-Platz, vormals Grüneburgplatz, trägt nun den Namen des ehemaligen jüdischen Zwangsarbeiters des von der IG Farbenindustrie betrieben Konzentrationslagers Auschwitz III Monowitz, Norbert Wollheim, der nach dem Krieg in einem Musterprozess erfolgreich den IG Farben-Konzern auf Entschädigung verklagte; der Theodor-W.-Adorno-Platz (der bisher namenlose zentrale Universitätsplatz zwischen Casinoanbau und Hörsaalzentrum) und die Max-Horkheimer-Straße (vormals Lübecker Straße) erinnern an die beiden wohl wichtigsten Vertreter der Frankfurter Schule, die als jüdische Intellektuelle in der NS-Zeit in die USA emigrierten und nach ihrem Exil nach Frankfurt an die Goethe-Universität zurückkehrten, wo sie entscheidend zum geistigen und materiellen Wiederaufbau der Universität beitrugen; Horkheimer auch als ihr Rektor von 1951 bis 1953.
»Mit den nun vollzogenen Umbenennungen auf dem Campus Westend wird der bewegten Geschichte der Universität und des Campus gedacht. Damit wird nicht nur an herausragende wissenschaftliche Leistungen, sondern auch an jüdische Schicksale, die für Vertreibung und Verfolgung stehen, dauerhaft erinnert«, betonte Birgitta Wolff bei der Enthüllung der Namensschilder.
Alisa Siegrist erinnerte in ihrer Rede an die Resolution der Überlebenden von Buna/Monowitz, die der Auschwitz-Überlebende David Salz schon 2004 im Frankfurter Römer vorgetragen hat, in der die Umbenennung des Grüneburgplatzes in Norbert-Wollheim-Platz gefordert wurde – und an die jahrelangen Widerstände der Universitätsleitung, dieser Aufforderung zu folgen.

Der Text der Resolution der Überlebenden im Wortlaut:
Wir, Überlebende des Konzentrationslagers Buna/Monowitz, wir, Sklavenarbeiter der IG Farbenindustrie AG in Auschwitz, versammeln uns in diesen Tagen zum zweiten Male auf Einladung des Fritz Bauer Instituts in Frankfurt am Main. An historischem Ort, im IG Farben-Haus, gedenken wir der Opfer von Auschwitz, der Tausenden unserer Kameraden, die der »Vernichtung durch Arbeit« im Werk »IG Auschwitz« zum Opfer gefallen sind. Wir wenigen, die wir überlebt haben, begegnen heute der deutschen Jugend, sprechen über die Zeit der Verfolgung und Vernichtung – in Verantwortung für unser aller Zukunft, im Glauben an eine bessere Welt.
Anlässlich der Enthüllung der Gedenktafel vor dem  IG Farben-Haus im Jahre 2001 ist der Stadt Frankfurt am Main der Vorschlag unterbreitet worden, den »Grüneburgplatz« in »Norbert-Wollheim-Platz« umzubenennen. Unser Kamerad Norbert Wollheim (1913–1998) – der Anfang der fünfziger Jahre die IG Farben i. L. in einem Musterprozess vor dem LG und OLG Frankfurt am Main verklagte und dann zusammen mit der Conference on Jewish Material Claims against Germany und der URO Entschädigungsansprüche erfolgreich geltend machte – Norbert Wollheim steht stellvertretend für die Opfer von Buna/Monowitz.
Den Platz vor dem IG Farben-Haus nach Norbert Wollheim zu benennen wäre für uns Überlebende ein sichtbares Zeichen der Stadt Frankfurt am Main, der unvergänglichen Vergangenheit zu gedenken, der historischen Verantwortung gerecht zu werden.
Wir versammeln uns heute zum letzten Male in Frankfurt am Main. Unsere Generation, Zeugen und Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung und Vernichtung, stirbt aus. Bevor unser Schicksal nur noch Historie ist, wollen wir dafür streiten, dass Geschichtsvergessenheit nicht Platz greift.
Wir appellieren an die Verantwortlichen der Stadt Frankfurt am Main, die Umbenennung des »Grüneburgplatzes« in »Norbert-Wollheim-Platz«  zu veranlassen:
In Ehrfurcht vor den Opfern, in Verantwortung für die Zukunft.
Komitee der Überlebenden von Buna/Monowitz
Frankfurt am Main, 27. März 2004


Video Dokumentation der Umbenennugsfeier
Erstellt vom UTV Frankfurt – Unabhängiges Studierendenfernsehen an der Goethe Uni
Hintergründe der Umbenennungsinitiative
http://youtu.be/QG8wglynohM
Rede von Trude Simonsohn
Sprecherin des Rats der Überlebenden am Fritz Bauer Institut
http://youtu.be/L9KIn2nsQtQ
Rede von Alisa Siegrist
Präsidentin des Studierendenparlaments und Vertreterin der Initiative zur Umbenennung des Grüneburgplatzes in Norbert-Wollheim-Platz
http://youtu.be/oTL6mVpHdyA

… Fotoseite zur Umbenennungsfeier (pdf-Datei)

Website zum Norbert Wollheim Memorial
www.wollheim-memorial.de

Unsere neue Adresse am gleichen Ort
Fritz Bauer Institut
Norbert-Wollheim-Platz 1
60323 Frankfurt am Main


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