The Institute

Sunday, 24. January 2010

Der israelische Historiker Tom Segev im Gespräch mit Georg M. Hafner

Das hr-Sonntagsgespräch im Fritz Bauer Institut

Das hr-Fernsehen hat den Aufenthalt Tom Segevs in Frankfurt genutzt und
in den Räumen des Fritz Bauer Instituts ein halbstündiges Gespräch, das
Georg M. Hafner mit dem israelischen Historiker führte, aufgezeichnet.
Die Sendung »Das Sonntagsgespräch« wurde am 24. Januar 2010
ausgestrahlt.

Am 20. Januar 2010 war der israelische Historiker und Journalist Tom Segev auf Einladung des Fritz Bauer Instituts in Frankfurt zu Gast. In der Herbstausgabe 2009 unseres Bulletins Einsicht hatte er unter dem Titel »›Der Fall ist abgeschlossen, aber unvollendet‹ – Der Prozess gegen John Demjanjuk in Jerusalem« das Verfahren in Israel nachgezeichnet.
Nachdem er jetzt für zwei Tage den Demjanjuk-Prozess in München besucht hatte, berichtete er in seinem Vortrag »Wiederbegegnung mit John Demjanjuk. Der Prozess in München – Eine israelische Perspektive« von seinen Eindrücken und erläuterte die Rezeption des Prozesses in der israelischen Öffentlichkeit vor dem Hintergrund der Bedeutung des Holocausts im kollektiven Bewusstsein der israelischen Gesellschaft. Zur Frage der Sinnhaftigkeit des Prozesses verwies Segev darauf, dass es in den Jahren seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu weiteren Genoziden gekommen ist – in Kambodscha, Ruanda und auf dem Balkan. Kriegsverbrechen wurden an vielen Orten begangen. Daher sei der Demjanjuk-Prozess auch als eine Warnung zu verstehen an jeden einzelnen Soldaten, sich der Verantwortung seines Handelns bewusst zu sein: Wer Kriegsverbrechen begeht, kann dafür zur Verantwortung gezogen werden, selbst wenn er 89 Jahre alt ist.

Tom Segev, 1945 als Sohn deutscher Einwanderer in Jerusalem geboren, ist Historiker und Journalist und einer der profi liertesten Publizisten Israels. Für das im Dezember 1988 eingestellte israelische Wochenmagazin Koteret Rashit und die linksliberale Tageszeitung Haaretz, für die er regelmäßig als Kolumnist tätig ist, hat er den Demjanjuk-Prozess in Israel begleitet. Seit seinem Buch Die siebte Million. Der Holocaust und Israels Politik der Erinnerung (1995) gilt Segev als bekanntester Vertreter einer »neuen Geschichtsschreibung« in Israel. Für Es war einmal ein Palästina. Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels (2005) wurde er mit dem National Jewish Book Award ausgezeichnet.Zuletzt erschien von ihm Die ersten Israelis. Die Anfänge des jüdischen Staates (2008) und im September 2010 seine Biografie über Simon Wiesenthal. Segevs Bücher erscheinen im Siedler Verlag, München.


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