Forschung und Lehre

Edition des Tagebuchs von Emanuel Ringelblum

Bearbeiter am Fritz Bauer Institut: Dr. Markus Roth

Emanuel Ringelblum initiierte als Historiker das geheime Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos, der zentralen Quellensammlung zur Situation der polnischen Juden unter nationalsozialistischer Besatzung. Im Verborgenen sammelten Ringelblum und zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die verschiedensten Zeugnisse. Sie wollten ihre Geschichte und die vieler anderer für die Nachwelt dokumentieren und analysieren – schon während der Verfolgung und des Massenmords. Hierfür trugen sie private Tagebücher und Briefe zusammen, archivierten Kulturprogramme, Eintrittskarten sowie zahlreiche weitere Quellen zur Alltagsgeschichte des Holocaust. Überdies fertigten sie Reportagen über verschiedenste Aspekte des Ghettolebens an, motivierten andere zum Schreiben und lobten Aufsatzwettbewerbe für Kinder aus.

Neben dieser Arbeit führte Ringelblum ein Tagebuch, in dem er den Alltag und das Leben der polnischen Juden und Jüdinnen unter den Bedingungen von Verfolgung und Massenmord dokumentierte. Minutiös zeichnete er die deutschen Verbrechen auf; vor allem aber hielt er das Handeln und die Reaktionen der jüdischen Bevölkerung fest. Mit feinem Gespür für die sprechenden Details eines Alltags im Schatten der Vernichtung schreibt er über Humor, kursierende Gerüchte und zahlreiche scheinbar kleine Begebenheiten auf den Straßen des Warschauer Ghettos.

Ringelblums bislang nur gekürzt auf Jiddisch, Polnisch und Englisch veröffentlichtes Tagebuch wird gemeinsam mit der Arbeitsstelle Holocaustliteratur an der Justus Liebig-Universität Gießen und dem Zentrum für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte in München erstmals vollständig ins Deutsche übersetzt und einem breiten Publikum in einer kommentierten Lesefassung zugänglich gemacht. Geplant ist eine Veröffentlichung im Wallstein Verlag.